Die Saint Paul’s Cathedral in der City of London liegt nur einen Steinwurf von der Themse entfernt. Es ist die Hauptkirche der Anglikanischen Religion mit einer kreuzförmigen Grundfläche, die von Osten nach Westen reicht und über der sich eine 111 Meter hohe Kuppel mit einem Turm artigen Aufsatz wölbt, der allein 750 Tonnen wiegt. Aber die Menschen, die sich an jenem Tag in der Saint Paul’s Cathedral aufhalten, nehmen kaum Notiz von der beeindruckenden Architektur, den Glasmosaiken der Decke oder davon, dass so unterschiedliche Persönlichkeiten wie Admiral Lord Nelson, Sir Alexander Fleming oder Florence Nightingale, in der Krypta der Kirche ruhen, sie sind vielmehr fasziniert von einem Jungen, der zu Ehren des königlichen Thronjubiläums erstmals vor einer großen Öffentlichkeit und Millionen von Fernsehzuschauern singt - Declan Galbraith. Sein „Amazing Grace“, mit einer klaren, festen Stimme interpretiert, wird zu einem Höhepunkt dieser Zeremonie.
Zweiundzwanzig tausend Fans warten, fiebern, jubeln Elton John entgegen. Alle, die jemals vor einem Künstler dieses Kalibers auf die Bühne mussten, wissen, welcher Stress mit dieser Aufgabe einhergeht. So viele Menschen wie eine mittlere Kleinstadt zählt, wollen ihr Idol sehen – und am besten sofort. Declan schafft es mit Bravour als Special Guest für Elton John aufzutreten. Wieder fasziniert er das Publikum mit seiner unverwechselbaren Stimme. Der Applaus ist so überwältigend, als wollten ihn die 22.000 nicht mehr von der Bühne lassen.

Ein Spätsommertag in Berlin 2006. Declan, inzwischen 14 Jahre alt, dreht ein Video zu seinem ersten internationalen Album. Die Filmcrew läuft an einem Bolzplatz vorbei. Declan schnappt sich einen Ball, fängt an zu kicken, dribbelt, daddelt. Fallrückzieher. Ein Junge mit einem feinen Ballgefühl. Einer, der, hätte es für die Musik nicht gereicht, durchaus auch eine Fußballkarriere begonnen haben könnte.
Dies ist die Geschichte eines Jungen mit einer außergewöhnlichen Stimme, nein, besser noch - die Story von einem Traum, der zum wirklichen Leben werden kann und von kompromissloser Leidenschaft für die Musik.
Dies ist auch die Geschichte eines kleinen Wunders, wie es in unseren Tagen nicht allzu oft vorkommt. Und schließlich wird dies die Story eines simplen Zufalls sein, der letztendlich die Fäden so zusammen fügte, dass am Ende ein neuer Star und sein eindrucksvolles Album da waren.
Aber fangen wir ganz am Anfang an.
Declan und seine Familie leben in Großbritannien, genauer gesagt in dem Städtchen Hoo, nahe Rochester in der Grafschaft Kent. Sein Vater Alec ist Elektriker mit einer langen, schottischen Ahnenreihe. Die Familie von Declans Mutter Siobhan hat ihre Wurzeln in Irland. Großvater Poppy Ben spielte selbst mehrere Instrumente und nahm Declan häufig mit, wenn er Konzerte gab. Declan: „Ich saß da, oft stundenlang, guckte den Musikern zu und lauschte ihrer Musik.“ Diese brisante Mischung aus schottischen und irischen Traditionals inspirierte Declan sehr früh. Er erinnert sich daran, schon mit zwei Jahren gesungen zu haben. „Es sind meine allerersten Erinnerungen an das Leben – ich singe.“ Eine ganze Weile blieb das Talent in der Familie unbemerkt. Mutter Siobhan: „Natürlich war uns bewusst, dass Declan eine schöne Stimme hatte aber glauben nicht alle Eltern, ihr Kind sei etwas ganz Besonderes?“
Wie außergewöhnlich das Talent ihres Sohnes war, erlebten die Galbraiths zum ersten Mal bei einem Festival zu Ehren von Charles Dickens in Rochester. Und jetzt kommt der Zufall ins Spiel. Es wurde getanzt, gesungen und als Siobhan Galbraith ihren Sohn, den sie beim Spiel mit Freunden wähnte, wieder sah, stand er auf der Bühne, umgeben von hunderten Menschen und – sang! Und die Leute wollten immer mehr hören. Forderten immer neue Songs. Declan war damals Sieben. Er begeisterte die Menge so sehr, dass sie ihm Geld zuwarfen, nur um ihn nicht von der Bühne zu lassen. Declan, grinsend, über seinen ersten großen Auftritt: „Nach zwei Stunden hatte ich 250 Pfund beisammen und konnte mir ein neues Fahrrad kaufen.“

Wichtiger als das Fahrrad war ihm jedoch das Gefühl auf der Bühne zu stehen und endlich Musik zu machen. Er überredete seine Eltern in den nächsten Monaten bei einigen Musik-Contests (Talentwettbewerbe) teilnehmen zu dürfen – und gewann alle. In einem Jahr hatte er 15 Titel eingeheimst und ein paar tausend Pfund dazu. Was fängt ein kleiner Junge mit solch einem „Vermögen“ an? „Meine Eltern legten einen guten Teil aufs Sparkonto, aber es blieb genug übrig – ich kaufte mir Computerspiele, einen Basketball, und natürlich einen Fußball.“ Eben alles Dinge, die Jungs mit neun oder zehn Jahren dringend benötigen.
Und Declan ist auch heute, vier Jahre später und einen gewaltigen Karriereschritt weiter, mit beiden Beinen auf dem Boden geblieben. Siobhan Galbraith: „Das war unser wichtigstes Anliegen - als Eltern immer dafür zu sorgen, dass er – bei allem Talent und dem Erfolg – nicht abhebt, sondern ein ganz normaler junger Mann bleibt.“ Ein junger Mann mit – jedenfalls – außergewöhnlichen Talenten und Berufswünschen. „Ich konnte bis heute meinen Traum, Musik zu machen, verwirklichen, das steht an erster Stelle. Und das ist auch mein Wunsch für die Zukunft - zu singen, Musik zu machen.“ Was ihn auch reizt ist das Schauspiel. „Mich einmal als Schauspieler zu versuchen fände ich ebenfalls sehr spannend.“ Na ja, und dann gibt es noch einen heimlichen Traum, der aber wahrscheinlich Illusion bleiben wird: „Einen Vertrag mit Arsenal würde ich nicht ablehnen“, grinst der Fußballfan Declan, zu dessen Favoriten noch die Klubs von Celtic und Newcastle gehören.
Aber zu rasant war die Karriere die der 14-Jährige Declan erlebte, als dass er noch Zeit zum Fußballtraining gehabt hätte: Die großen Plattenkonzerne entdeckten schon bald das Talent aus Rochester, seine ungewöhnlich klare und starke Stimme machte Declan im Handumdrehen in England zu einem Star. Sein erster Studiosong war eine Version von „Walking in the Air“ für ein spezielles Christmas-Hits-Album, wo unter anderem auch Stars wie Elton John oder Westlife mit dabei waren. Der künstlerische Weg führte ihn bereits zu ehrenvollsten Auftritten: In der St. Paul’s Cathedral sang er zum Jubiläum von Queen Elizabeth II „Amazing Grace“ zusammen mit dem berühmten St. Paul’s Chor und als Special Guest eines Konzerts von Elton John trat Declan vor mehr als 22.000 Menschen auf.

In der Odyssey Arena, Belfast, trat er im Dezember 2002 auf, simultan verbunden mit 80.000 Kindern aus aller Welt, die mit ihm einen Choral sangen – das war sogar einen Eintrag ins Guinness World Records Buch wert. „Im Laufe meiner natürlich noch jungen Karriere habe ich Songs lieben gelernt, die für mich eine besondere Bedeutung erlangten“, sagt Declan. „Das sind sehr unterschiedliche Lieder wie ‚Tears in Heaven’, ‚Sailing’ oder ‚Nights In White Satin’ und ‚An Angel’, Songs, die einem von der Stimme und der Intensität der Interpretation einiges abverlangen. Ich liebe diese Art von Musik.“ Eben diese Songs, die ihm so viel bedeuten, hat er für sein erstes internationales Album jetzt eingesungen.
Sein phänomenales Talent und die außergewöhnliche Stimme beeindruckten letztendlich sogar Medienmogul Haim Saban, der Declan unter Vertrag nahm. Beim Label Starwatch (Warner Music Group) wird dieses Debüt veröffentlicht. "Von der Zukunft", sagt Declan, "wünsche ich mir einfach das Richtige zu tun. Für mich ist es wichtig glaubwürdig zu arbeiten, professionell und mit großer Leidenschaft. Dann schaffe ich es mit ein wenig Glück auch eines Tages ein erfolgreicher Sänger und Songwriter zu werden. Ich möchte, dass es den Menschen während sie meine Musik hören, gut geht. Es war immer mein großer Traum einfach Musik zu machen."
Wenn große Philosophen sagen, dass das Leben ein Traum ist, warum sollten nicht auch Träume zum ganz realen Leben werden können?